Durch den Bau dieses Kraftwerkes soll die bereits bestehende Biogasanlage zu einem regenerativen Speicherkraftwerk umgebaut werden. Dadurch kann die Wärme zum Heizen genutzt werden, die bereits jetzt bei der Stromerzeugung anfällt. Dies ersetzt bei den angeschlossenen Haushalten fossile Brennstoffe. Wie auf der Bürgerversammlung vom Investor versichert, werde durch die Erstellung des BHKW s die Kapazität der Biogasanlage nicht erhöht, sondern die bisherige Nutzung bedarfsgerecht optimiert. Daraus folgt, dass es nicht zu der Anlage weiterer Monokulturen, nicht zu zusätzlicher Massentierhaltung und nicht zu mehr Transporten auf den Straßen kommen werde. Das BHKW mit seinem Wärmespeicher und dem zusätzlichen Gasspeicher erreicht dabei einen Nutzungsgrad von mehr als 90 % (gegenüber 45% bei der bisherigen Nutzung).
Die sorgfältige und zeitintensive Abwägung von Nutzen und Risiken haben wir uns wahrhaftig nicht leicht gemacht. Insbesondere über die Produktion von Biogas haben auch wir kontrovers diskutiert. Die intensive konventionelle Tierhaltung und die ökologischen Folgen des Maisanbaus bereiten uns weiterhin große Bauchschmerzen. Allerdings sind diese beiden Substrate nicht dauerhaft festgelegt.
sondern vielmehr die Folgen des ungebremsten Fleischkonsums und einer einseitigen Steuerungspolitik. Mittel- bis langfristig könnten sie durchaus durch andere Substrate mit einer besseren Ökobilanz ersetzt werden. Die Kultur bei Tüttendorf mit der durchwachsenden Silphie als Ackerdauerkultur ist hier ein erster erfolgversprechender Ansatz.
Eine weitere berechtigte Frage ist, warum das BHKW ausgerechnet inmitten der „Grünen Lunge“ im südlichen Gettorf errichtet werden soll. Investor und Planungsbüro hatten diesen Standort ausgewählt, weil er fast den gesamten Bereich Gettorfs westlich der Bahn mit Wärme versorgen könne, bei gleichzeitig möglichst geringem Wärmeverlust. An einem anderen Standort außerhalb Gettorfs, z.B. in einem Gewerbegebiet, sei eine großflächige Anschlussmöglichkeit an das BHKW nicht in diesem Umfang möglich. Dadurch fielen auch mögliche CO2-Einspareffekte geringer aus. Bei der Beurteilung des Areals schließen wir uns dem Naturschutzgutachten an. Die Ausgleichspflanzungen sind großzügig bemessen. Zusätzlich bitten wir um besondere Berücksichtigung der Fledermäuse und Amphibien im Areal sowie den zusätzlichen Ersatz von Laubbäumen, falls diese in der Bauphase zu Schaden kommen sollten.
Letztendlich ausschlaggebend für unsere Zustimmung ist die immense Bedeutung dieser Technologie für den Klimaschutz. Die hier geplante kombinierte bedarfsgerechte Nutzung und Kopplung von Stromund Wärmegewinnung bewerten wir als optimale Brückentechnologie, die die Lücken von Windund Sonnenenergie hier vor Ort zeitnah schließen kann. Intelligent weiterentwickelt könnte es gelingen, überschüssige Energie der Sonne in Pflanzen zu speichern, um sie dann im Bedarfsfall zur Hand zu haben. Grüne Batterien sozusagen, die im Gegensatz zu den aktuell verwendeten weder teuer noch giftig sind (vgl. „The Upcycle – auf dem Weg in eine neue Überflussgesellschaft“, M. Braungart und W. McDonough, 2013).
Der aktuelle vom MELUND (Ministerium für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung) vorgestellte Klimaschutzbericht 2020 belegt, wie weit SH hinter den gesteckten Zielen zurückliegt und den dringenden Handlungsbedarf vor Ort. Auch unsere Gemeinde hat sich diesen Zielen in verschiedenen Entscheidungen verpflichtet. Dieses Projekt unterstützt den zeitnahen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Rohstoffe und wäre damit der der erste Schritt zur Klimaneutralität der Gemeinde und damit zur Sicherung der Lebensgrundlagen für die Zukunft. Nicht MAN sondern WIR müssen handeln. JETZT! Wir sind die letzte Generation, die durch ihre Entscheidungen die Klimakatastrophe verhindern kann. Auf neue Technologien zu warten oder darauf, das andere Handeln ist keine Option.
Wir haben großes Verständnis für die betroffenen Anlieger, wenn sie unvorbereitet von einem Großprojekt erfahren, dass in ihrem unmittelbaren Umfeld entstehen soll. Insbesondere dem Lärmschutz muss hierbei größtmögliche Sorgfalt beigemessen werden. Denkbar wäre hier z.B. eine vertragliche Verpflichtung zur Nachbesserung, wenn vorab vereinbarte Grenzen bei Inbetriebnahme nicht eingehalten werden. Alternativ sind wir offen für die Verwirklichung an einem anderen geeigneten Ort. Die Konstruktion eines öffentlichen Widerstandes voller Polemik, Unterstellungen und Vermutungen ist jedoch weder zielführend noch im Interesse der Gemeinschaft aller Bürger Gettorfs.
Mit dieser Stellungnahme möchten wir unsere Einschätzung begründen und ausdrücklich zur weiteren respektvollen und sachlichen Auseinandersetzung einladen.
Unsere Zustimmung zum Projekt wollen wir gleichzeitig als Einladung und Verpflichtung an Betreiber, Gemeinde und Bürger sehen, das mögliche Potential auch künftiger Projekte gemeinsam zu einer stimmigen ökologischen Lösung weiterzuentwickeln.
Mit diesem Artikel nehmen wir Bezug auf den mit T.R. unterzeichneten Artikel in der „Die Flüstertüte“ Nr. 196 vom August 2020.
Pia Turowski und Wolfgang Miethke
für BUND Ortsgruppe Gettorf und
Arbeitskreis Umweltschutz Gettorf e.V.
E-Mail: gettorf.bund@gmx.de, auch bei Facebook