Noch gleicht der geschotterte Platz hinter dem weißen Metallzaun der ehemaligen Detfurther Kläranlage in Bad Salzdetfurth eher einer zu klein geratenen römischen Gladiatoren-Arena. Doch bald schon könnte sich auf dem Oval nahe den Bahngleisen einer der größten Biogasspeicher Deutschlands erheben – und zur Linderung eines der Kernprobleme der Energiewende beitragen. Das Bad Salzdetfurther Unternehmen Bioenergie-Bünte steckt gerade mitten im Genehmigungsverfahren für das Projekt. Gibt es grünes Licht vom Gewerbeaufsichtsamt, könnte die Anlage schon im kommenden Oktober in Betrieb gehen.
Im März 2011 ging die Biogasanlage der Bioenergie Bünte an den Start. 17 heimische Landwirte und die Stadtwerke Bad Salzdetfurth machen das Unternehmen aus, das sich die erneuerbaren Energien auf die Fahnen geschrieben hat – und nun noch einen weiteren Schritt in diese Richtung gehen will. Die Produktion von und die Versorgung mit Strom und Wärme der Biogasanlage soll flexibler und effizienter werden.
Externen Gasspeicher ausbauen
„Bislang läuft die Biogasanlage rund um die Uhr“, erläutert Heiko Räther, Geschäftsführer der BioEnergie. Egal wie viel Strom und Wärme tatsächlich gebraucht werden, egal wie viel Energie gerade von Photovoltaikanlagen und Windparks geliefert werden – die Anlage speist in die Netze ein. Das müsste anders werden. „Biogas ist ideal dafür, in die Bresche zu springen, wenn Wind und Sonne gerade keine Energie liefern“, sagt Räther. Das entspräche der Idee der Energiewende. Tatsächlich beschäftigt die Frage, wie auch Strom aus erneuerbaren Quellen kontinuierlich zur Verfügung gestellt werden kann, Fachleute und Politiker seit Jahren.
Doch um diese Vorstellung in die Tat umzusetzen, sei es nötig, die Anlage auszubauen: unter anderem um einen externen Speicher. Im Ortsrat Wesseln und in den Stadtratsgremien wurde das Vorhaben ausgiebig diskutiert. Und es gab durchaus kritische Stimmen. Denn der Speicher soll stolze elf Meter hoch werden. „Nur mal so zum Vergleich, die Getreidesilos, die an der Detfurther Straße stehen, haben eine Höhe von 13 Metern“, sagt Curd von Lenthe von der Betreibergemeinschaft der Biogasanlage. Außerdem sei ein Großteil der Bäume, die rings um das Areal an den Bahngleisen wachsen, schon jetzt höher. Dass der Biogasspeicher also künftig das Ortsbild stark prägen und sogar den Kirchturm in den Schatten stellen könnte, sei schlicht nicht richtig. Die St.-Gallus-Kirche bleibe mit ihren 62 Metern Höhe weiterhin das Wahrzeichen des Ortes.
Wie ein Biogasspeicher aufgebaut ist
10. 000 Kubikmeter Biogas, die über eine Transportleitung aus der Bünte nach Detfurth gelangen, fasst der Biogasspeicher. Der ähnelt einer großen Tragkrafthalle. „Es gibt eine Innenhülle, in der sich das Gas befindet, und eine Außenhülle, die von einem Luftstrom permanent hochgehalten werde“, skizziert von Lenthe. Innen- und Außenhülle seien zudem fest im Boden verankert. Sollte in der Innenhülle mal ein Loch sein und Biogas in die Außenhülle eindringen, schrillt sofort ein Alarm. Das passiert auch, wenn in der Außenhülle der Druck abfällt. Und was passiert, wenn im schlimmsten Fall in beiden Häuten Löcher sind? „Dann tritt Biogas aus, das sich sofort stark mit der Außenluft vermischt und überhaupt keine Gefahr darstellt“, versichert Räther. Solche Störfallgutachten seien Bedingung für das Genehmigungsverfahren.
Flexibel arbeitende Bioganlage geplant
Mit dem Biogasspeicher könne das in der Bünte produzierte Gas noch viel effizienter eingesetzt werden, wirbt Räther. Bislang würde Gas, das von den Verbrauchern nicht benötigt werde, quasi verbrannt. Künftig wird es im Speicher zwischengelagert. Im Blockheizkraftwerk könne daraus dann Strom produzieren, wenn er vom Verbraucher gebraucht wird. „Zum Beispiel, wenn abends die Tagesschau läuft. Dann ist nach wie vor der höchste Strombedarf“, erläutert Räther. Außerdem wird die in den drei angeschlossenen Blockheizkraftwerken (Bünte, Detfurth, Kurpark) entstehende Wärme genutzt. Solebad, IGS und Altenheim am Kurpark werden damit beheizt.
3 Millionen Euro investiert die Bioenergie Bünte, damit die Biogasanlage flexibler arbeiten kann. 2,7 Millionen davon sollen mit der sogenannten Flexprämie, die der Bund für eben solche Flexibilisierungen von Biogasanlagen in Aussicht stellt, finanziert werden. Es bleibe dennoch ein unternehmerisches Risiko. „Wir bekommen den Zuschuss nicht in einem Betrag überwiesen, sondern über einen Zeitraum von zehn Jahren für unsere Stromproduktion ausgezahlt“, erklärt von Lenthe. Nun hofft das Unternehmen, dass der Bund Wort hält und die Zuschüsse nicht auf halber Strecke kürzt. „Wie zum Beispiel bei den Photovoltaikanlagen“, ergänzt Räther.
Fazit
Derzeit ist das Projekt in Detfurth kreisweit der einzige externe Speicher einer Biogasanlage. Alle anderen Anlagen haben, wie auch die in der Bünte, gewisse Speicherkapazitäten auf den Anlagen selbst. „Mit dem Bau des externen Speichers können wir auch die Transportwege zu den Endkunden erheblich verkürzen“, so Räther. Zur IGS, zum Altenheim und zum Solebad ist es vom Kläranlagengelände aus nur noch einen Katzensprung.
Räther und von Lenthe sind sich sicher, dass der Detfurther Speicher nicht der einzige Biogasspeicher im Landkreis bleibt. Andere Betreiber würden sicherlich nachziehen. Räther erinnert an das vom Bund ausgewiesene Ziel, die Energiewende bis 2050 geschafft zu werden. Flexible Biogasanlagen seien ein Schritt in diese Richtung.